„Marketing ganz neu denken“
Wirkungsforschung: Martin Andree, lange Top-Marketer bei Henkel, will Placebo-Effekte für Werbung nutzbar machen
Bleibt die bisherige Marketingpraxis hinter ihren Möglichkeiten zurück? Ja, sagt Martin Andree, langjähriger Top-Marketer bei Henkel und nun als Forscher und Berater unterwegs. Für seine Thesen greift er auf das in der Medizin bekannte Placebo-Phänomen zurück. Dort weiß man aus zwei Jahrzehnten neurowissenschaftlicher Forschung: Auch vorgetäuschte therapeutische Handlungen – etwa mittels Fake-Pillen, die vom Arzt oder durch entsprechende Designs als „echt“ verabreicht werden – können in den Körpern der Patienten biophysiologisch reale Effekte auslösen. Allein durch Kommunikation. Dies sollten sich Unternehmen zunutze machen, sagt Andree. Dafür hat er nach eigenen Angaben „Hunderte empirische Studien“ ausgewertet. Die Ergebnisse: Auch bei Konsumgütern bewirke reine Kommunikationsleistung „massive positive Veränderungen auf biologische Systeme des Körpers“, etwa bei Aufmerksamkeit und Muskelkraft. „Diese biologischen Effekte der Kommunikation sind nicht eingebildet – man kann sie durch bildgebende Verfahren neurowissenschaftlich beobachten und lokalisieren“, sagt Andree. Diese Phänomene seien biologisch genauso real wie die „echten“ Wirkungen etwa von chemischen Substanzen. Im Horizont-Interview skizziert er die Ableitungen fürs Marketing und stellt sich der zu erwartenden Kritik an dieser „aktiven Manipulation des Ich“.
[8562 Zeichen]
€ 5,75