Kreuzfahrtenvertrieb über Internet
und CRS
Immer mehr Technik aber der Mensch
bleibt
Längst sind nicht alle Anbieter von Fluss- und
Seereisen elektronisch
buchbar. Doch das maritime Angebot im World Wide Web und
in den CRS wächst rasant. Dirk Rogl Die Elektronik
erobert eine der letzten Bastionen des stationären
Vertriebs. Bis vor kurzem war bei der Kreuzfahrtbuchung
der Anruf bei der Reederei obligatorisch. Der Deckplan
für die Kabinenwahl, die Tischplatzwunschliste und eine
üppige Auswahl an Anreise- und Ausflugsoptionen ließen
sich elektronisch nicht handhaben. Die Zeiten haben sich
geändert. Intern verwalten inzwischen fast alle
Kreuzfahrtveranstalter ihre Kontingente per EDV. Mit
Cruise-Res von Anite Travel Systems (unter anderem bei
Seetours) und Ocean Kreuzfahrt von ISO Software (etwa
Hurtigruten/NSA) gibt es sogar spezielle
Reservierungssysteme. Noch immer bevorzugen einige
Reedereien gegenüber den Reisebüros die manuelle
Buchung. Doch viele Kabinen lassen sich am Counter
elektronisch buchen, zum Beispiel über Toma Seetours,
Festival Kreuzfahrten, Transocean Tours und Viking
Flusskreuzfahrten. Amadeus bietet mit der Cruise-Maske
noch ein zweites Modul an, über das in Nordamerika fast
alle namhaften Reedereien zu buchen sind. In Deutschland
ist bislang nur Costa Kreuzfahrten verfügbar. Bald
folgen Royal Caribbean Cruise Lines und NCL. Mit weiteren
Reedereien wird verhandelt. Während Cruise und Toma in
Deutschland parallel betrieben werden, erhalten
Reisebüros in den USA das internetbasierte Cruise-Modul
kostenfrei. Das gilt sogar, wenn sie sonst kein
Amadeus-Kunde sind. Der CRS-Betreiber versucht, im
margenträchtigen Kreuzfahrtgeschäft einen hohen
Marktanteil zu erreichen. Wettbewerber Sabre kontert:
Dessen US-Modul Cruise Director soll 2004 in das deutsche
System Sabre-Merlin integriert werden. Schon jetzt
können auch deutsche Reisebüros hierüber buchen. In
Deutschland wenden die Anbieter von Internet Booking
Engines (IBE) die Strategie der breiten Streuung ihrer
Anwendungen an. Obwohl die Nachfrage nach
Kreuzfahrtbuchungen im Web überschaubar ist, haben
sieben Unternehmen eigene Tools entwickelt.
Online-Agenturen können diese Module teilweise
kostenfrei in ihre Web-Auftritte integrieren. Die
Geschäftsmodelle ähneln sich (siehe Kasten).
Reisebüros, die die Buchung vom IT-Partner abwickeln
lassen, erhalten eine kleinere Vergütung. Wer sich
selbst darum kümmert, streicht die volle Provision ein,
zahlt dafür aber eine Grundgebühr an die IT-Anbieter.
Exklusive Beratung bleibt eine Notwendigkeit Die
Technologielieferanten sind sich einig: Ohne manuelle
Arbeit kommt keine Datenbank aus. "Exklusive
Beratung ist immer nötig", sagt Albert Heiko,
Mitinhaber von Touristikbörse.de, der vor zwei Jahren
die erste Kreuzfahrt-IBE auf den Markt brachte.
Inzwischen liefert seine Datenbank üppige Bild- und
Textinformationen. Doch ob eine Reise verfügbar ist,
erfährt der Kunde erst am Telefon. Eine Direktanbindung
an die Reservierungssysteme der Reedereien wäre zu
komplex, betont Heiko. Allein Claus Hammer, Chef des
IT-Anbieters Riasoft, setzt auf die lupenreine
Online-Buchung: Reisen, die sein Modul Lamito anzeigt,
seien auch verfügbar, sagt Hammer. Der Nachteil: Mit
Royal Caribbean, Society Expeditions, Seatravel und
Phoenix Reisen bietet er nur einen kleinen Teil des
maritimen Angebots. "Wir müssen das Mäuserad
langsam zum Laufen bringen", so Hammer. Sein
Henne-Ei-Problem: ohne hohes Buchungsvolumen keine
Direktanbindung an die Reedereien und umgekehrt. Das ist
ein Grund, weshalb Akhil Kapur, Geschäftsführer von
Cruise Pool, bei den Reedereien nicht über
EDV-Schnittstellen, sondern über eigene Nettopreise
verhandelt. Wie ein Flugticket-Consolidator kauft Cruise
Pool Kontingente und bietet sie den Agenturpartnern zu
Nettopreisen an. Weitere Listenpreise runden das Angebot
in der Datenbank ab. Ob einmal eine Reise nicht
verfügbar ist, bleibt dabei zweitrangig. Wichtig sei die
schnelle Antwortzeit, sagt Kapur. Sein Anspruch: Wer
online ein Angebot einholt, muss in wenigen Minuten ein
erstes Feedback und binnen einer Stunde ein verbindliches
und individuelles Angebot in der Mailbox haben. fvw
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