Suchergebnisse



Haben Sie ihre Zugangsdaten vergessen?

0 Artikel in Warenkorb

Es wurde ein Artikel gefunden.

 

     
     
    Sortierung:  
    Treffer pro Seite:

    Horizont 36 vom 03.09.2015 Seite 15

    Hintergrund

    Ende der Euphorie

    China: Nach der Abkühlung der Wirtschaft wird der Markt für deutsche Agenturen noch härter

    Seit vielen Jahren gibt es für Agenturen eigentlich nur ein Expansionsziel: Wer im internationalen Geschäft mitmischen will, muss nach China gehen – so lautet die Empfehlung fast aller Experten. Vor allem Kommunikationsdienstleister, die für große Autobauer wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz tätig sind, haben mittlerweile auch im Reich der Mitte ein eigenes Angebot für ihre Kunden etabliert. Nach dem Einbruch der chinesischen Börsen und der allgemeinen Verunsicherung in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung in dem bevölkerungsreichsten Land der Erde stellt sich auch für die dort aktiven deutschen Agenturen die Frage, wie es weitergeht. Zu ihnen gehört unter anderem die Serviceplan-Gruppe. Der für das internationale Geschäft zuständige Geschäftsführer Markus Noder gibt sich – wie viele seiner Kollegen in anderen Häusern – relativ gelassen: „Wir sehen die aktuelle Situation als Normalisierung des Marktes von einem überproportionalen Wachstum der vergangenen Jahre zu einer normalen Wachstumsdynamik.“ Diese sei aber immer noch deutlich höher als in den meisten etablierten westlichen Märkten, unterstreicht Noder. In der Tat gibt es Prognosen, die Werbeagenturen in China bis zum Jahr 2018 eine Verdoppelung des Umsatzvolumens gegenüber 2012 auf 34 Milliarden US-Dollar vorhersagen. Ob es wirklich so kommt, muss man abwarten. Große Auswirkungen der Börsenkrise auf das eigene Geschäft sieht Serviceplan-Manager Noder jedenfalls nicht. Verhaltenere Aktivitäten gebe es jedoch im Segment der Luxusgüter. Seine Agentur ist seit Mitte 2013 in China vertreten. An der Spitze der Pekinger Niederlassung steht Managing Director Roger Strack. Anfang dieses Jahres konnte sich die Agentur den Werbeetat von BMW für den chinesischen Markt sichern. Er wird auf ein Jahresvolumen von rund 5 Millionen US-Dollar geschätzt. Die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr muss man laut Noder nicht nach unten korrigieren, weil man von Anfang an nicht von überproportionalen Wachstumsraten ausgegangen sei. „Da wir langfristig planen, haben diese eher kurzfristigen Effekte keinen Einfluss auf unsere Wachstumsstrategie“, sagt er. Dass die Effekte nur kurzfristig sind, ist allerdings nicht ausgemacht. Vor allem die Automobilindustrie scheint sich auf eine längere Durststrecke einstellen zu müssen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen rechnet für 2016 mit einem rückläufigen Autoabsatz in China. Laut Dudenhöffer ist es sogar denkbar, dass der Markt bereits in diesem Jahr schrumpft. Für die deutschen Hersteller ist der chinesische Markt enorm wichtig. Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz haben dort im 1. Halbjahr 2015 rund ein Drittel ihres weltweiten Fahrzeugabsatzes erzielt. Obwohl die meisten Agenturen keinen Grund für Panik sehen, geht die Entwicklung auch an ihnen nicht spurlos vorbei. Meta Design, seit 2008 für den Volkswagen-Konzern in China tätig, rechnet für 2016 mit Budgeteinsparungen des Großkunden. CEO Arne Brekenfeld unterstreicht jedoch, dass man in den vergangenen Jahren die Abhängigkeit von dem Autobauer deutlich reduziert habe und in Peking inzwischen auch für andere Auftraggeber tätig ist – beispielsweise für Marken wie Midea (Haushaltsgeräte), Vivo und Meizu (Mobilfunk) sowie Super-D (Software). Dennoch macht er keinen Hehl daraus, dass das Geschäft härter geworden ist. „Die Konkurrenz ist gewachsen und wir müssen uns mit deutlich günstigeren chinesischen Anbietern auseinandersetzen“, sagt Brekenfeld. Zwar glaubt auch er immer noch an Wachstum, aber Zuwachsraten von 15 Prozent und mehr, wie sie seine Agentur beispielsweise 2010 bis 2013 verbucht habe, seien nicht mehr zu erreichen (siehe Kurzinterview). Für eine differenzierte Sicht auf den chinesischen Markt spricht sich auch Till Wagner aus. Er hat für die Agenturgruppe Jung von Matt die Niederlassung JvM/Tonghui in Peking aufgebaut, seinen Lebens- und Arbeitsschwerpunkt inzwischen aber wieder nach Deutschland verlagert. Dennoch hält er weiter engen Kontakt zu den Kollegen in China. Kurzfristig rechnet Wagner nicht mit größeren Auswirkungen des Börseneinbruchs auf das Geschäft der Agentur. Mittel- und langfristig könnten sich allerdings durchaus Effekte ergeben, vor allem durch die Globalisierung. „Einer unserer Kunden aus der FMCG-Branche leidet sehr unter den Bedingungen in Russland. Daraufhin wurden die Budgets international zusammengekürzt. Das hat uns auch in China getroffen“, sagt Wagner. Großes Geld hat die Agentur dort bislang ohnehin nicht verdient. Im Konzernabschluss 2013 werden die Umstrukturierungen beim bislang größten Kunden Mercedes-Benz (wird in China künftig von BBDO betreut) als ein Grund für das schwächere Gesamtergebnis der Gruppe genannt. Statt für die Marke mit dem Stern ist JvM/Tonghui seit kurzem für Smart tätig. Erste Arbeiten sind umgesetzt, eine Kampagne für das Modell Fortwo gerade in der Entwicklung. Generell sieht Wagner die neue Nüchternheit in Bezug auf das fernöstliche Land positiv: „Die Denke, China wird es schon richten, ist nicht mehr ganz ohne Widerspruch. Aus der Goldgräberstimmung entwickelt sich ein neuer Markt mit entsprechenden Gesetzen. Das ist auch gut so“, findet der JvM-Mann. Ebenfalls positive Seiten kann die Eventagentur Vok Dams der aktuellen Entwicklung abgewinnen. Natürlich sei derzeit eine gewisse Turbulenz zu spüren. Man erwarte aber, dass diese nur von kurzer Dauer sein werde, erklärt Katja Sassi-Bucsit, die die Geschäfte vor Ort führt. Außerdem erhofft sich die Agenturmanagerin für das eigene Business durchaus Impulse und begründet dies mit Erfahrungen aus ähnlichen Situationen: „Bei Unsicherheit hilft nur Dialog. Wir spüren daher eine deutliche Zunahme an vertriebsorientierten Events“, so Sassi-Bucsit. Vok Dams ist seit 2004 in China aktiv und hat dort Projekte für Unternehmen wie Volkswagen, Coca-Cola und Deutsche Bank realisiert. Mehrdad Amirkhizi

    [7583 Zeichen] € 5,75